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Duell an der Discounterkasse

4. August 2015

Ok, vorab: Ja ich habe gesündigt. Genauer gesagt meine Mitmenschen geärgert, auf die Palme gebracht, maximal erbost. Ich leiste Abbitte. Mit diesem Blogpost.

Es passierte gestern beim Discounter meiner Wahl um die Ecke.

Zugegeben; Ich war in Eile, was noch die bequemste Ausrede darstellt. Die frühmorgentliche Schlange vor der einzigen geöffneten Kasse No.2 war umfangreich bestückt: Es reihten sich auf etlichen Metern älterne, etwas unappetitlich düftelnde Mitbürger, sonnenbebrillte Urlaubermütter mit ihren Käsehochs im Schlepptau und die übliche „Wir sind Discounter-Cola-Fan“-Belegschaft von The Biggest Loser hintereinander.

Ich sah mit Blick auf den beachtlichen Warenkörbe-Stau vor mir mein eben erworbenes ‚Magnum Yoghurt fresh‘ dahinschmelzen bevor ich auch nur den Laden verlassen konnte, ebenso meinen frischgeduschten Körper transpirierend bereits vor den Obstregalen (Nähe Wassermelonen zu 2,39 Euro das Stück) kapitulieren.

Wie genial erklang da doch an meinen – vom Nölen der Kleinkäses genervten Gehörgängen- dieser himmliche Klingelton aus dem Lautsprecher, gefolgt von einem freundlichen „Bitte auch an Kasse 3 auflegen“.

<ZACK> Ich also sofort links raus aus der Schlange, den Nachbrenner zündend vorbei an verdutzten Gesichtern mit Vollgas Richtung Kasse 3. Man(n) beherrscht das ja von der deutschen Bundesautoba…<WUMS>

Auffahrunfall. Ein älterer Herr mit grimmigem Blick in türkisfarbenem KIK-Achselshirt („University Boston MA“) verhindert mein Fortkommen durch eine wüste Karambolage seines vollgeladenen Einkaufswagens auf Höhe der Einfädelspur zum Auflegeband der Kasse 3 mit den Worten „Mal schön langsam junger Mann!!“

Verhielt ich mich in der Tat verkehrswidrig? Welches Verbotsschild hatte ich übersehen? Und galt hier möglicherweise sogar das Reißverschluss-Prinzip? Ich wusste es ad hoc nicht und wollte meine Karre bereits zurücksetzen als mich ein weiterer Wortschwall traf; „Wir stehen hier auch schon 15 Minuten, da sind wir ja wohl mal zuerst dran, Sie Rowdy!!“

Was sagt der da zu mir? Raudi? Klingt fast wie „räudig“! Also nach nassem Hund!
schlange

Ich versuche mich zu beherrschen „Entschuldigen Sie, aber ich war einfach etwas schneller, wie Sie sicher in ihrem Rückspiegel bemerkt hatten!“ gab ich halb im Ernst zurück.

Ohhh. Die Mimik des streitbaren Verkehrsteilnehmers ließ nichts Gutes erahnen. Und das lauter werdende Geraune in der Warteschlange war nicht eindeutig in pro und contra zuzuordnen.

„Jetzt werden Sie nicht auch noch frech, Sie….“ – eine verschüchterte, ältere Dame neben ihm stupste den deutschen Patriot der Ordnungshörigkeit bremsend in die Seite. Er lenkt etwas irritiert ein. Und seinen Prellwagen zurück.

Ich aber frage mich auf meinem dornigen Restweg zur Kassiererin: Woher kommt dieser ungebremste Hass in alltäglichen Situationen?

War man früher mit dem Verhalten anderer Leute nicht einverstanden, zog man sich ordentlich an, schickte einen Sekundanten mit einem handschriftlichen Brief, der eine Aufforderung enthielt, sich in Bälde frühmorgens auf einer Lichtung einzufinden und sich in einem Duell gegenseitig mit Pistolen oder Säbeln förmlich die Meinung zu sagen. Hin und wieder wurde jemand dabei tödlich verwundet, starb dann aber still und ging den anderen nicht auf den Sack.

Das ist – auch in Deutschland – gerade mal gut 100 jahre her. Also mithin so lange, wie Herr Karl Albrecht am 10. April 1913 einen Tante-Emma-Laden in Essen-Schonnebeck gründete.

Duellregeln 300

Heute ist es unvorstellbar. Ich müsste einen meiner WhatsApp-Kontakte als meinem Sekundanten bitten, dem älteren Herrn, der mich wohl Sauhund genannt haben wollte, per „Whatsapp“ eine Aufforderung zu einem Duell zu schicken. Dann müssten wir in angemessener Entfernung eine Lichtung, besser einen leeren Disounterparkplatz finden, auf dem frühmorgens noch keine „Donnerstag ist Schnäppchentag-Junkies“ herumgeistern. Wir bräuchten Waffen, Zulassungen für die Waffen und eine Freistellungserklärung der Krankenkasse für den Fall, dass was passiert, außerdem ein Formular für den Arbeitgeber, die Sozialversicherung und so weiter. Natürlich bräuchten wir auch ein gemeinsames Zeitfenster, in dem wir uns potenziell die Hirse wegschießen könnten.

Daran wird es scheitern. Ich gehe nämlich ab sofort nie mehr morgens zum Discounter.

In diesem Sinne einen magnuminösen Sommertag wünscht Ihnen

Ihr Maulwürfel

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